Karl
"Das ist der Anfang",
dachte er,
als er die Rolle Toilettenpapier
aus der Herrentoilette des Cafe´s
in seine Tasche steckte.
Jetzt noch eine Speisekarte
vom Tisch mitnehmen
und später
ohne Fahrschein
mit der U-Bahn nach Hause fahren.
Draußen vor der Tür
schrie er selbstsicher
ein kleines Mädchen an,
dass ihn freundlich angelächelt hatte;
und im Vorbeigehen
ritzte er mit seinem Schlüssel
zierliche Linien in die parkenden Autos.
Morgen wird er
Hundert-Euro-Scheine fälschen,
sein Abitur nachmachen
und Leadsänger der Rolling Stones werden.
"Was tun Sie da!! Das ist mein BMW."
Eine elegant aussehende Frau
versperrte ihm
mit ihrem edlen Lederkoffer
den Weg.
Für einen kurzen Moment
erinnerte ihn diese Frau
an eine vergangene Liebe;
wenn nicht
dieser wohlwollende, freundliche Ausdruck
in ihren Augen gewesen wäre
Als er sich bückte,
um seinen Schlüssel aufzuheben,
den er vor Schreck
fallengelassen hatte,
fasste sie ihn liebevoll an seine Schulter:
"Du brauchst keine Schlüssel mehr, Baby!
Wir gehen dorthin, wo die Türen für Dich
immer offen stehen,"
Seine Knie zitterten.
Er richtete sich ganz langsam auf
und blickte
in eine grausige, kalte Fratze,
die ihn unbarmherzig anstarrte.
Dann wurde es dunkel.
Mit einem erstickten Schrei
wacht er auf
und findet sich weinend im Bett;
im Reihenhaus seiner Eltern.
Es ist sein 53. Geburtstag.
burkhard weisz